Jan Holze, Vorstand der bundesweit agierenden Deutschen Stiftung Engagement und Ehrenamt mit Sitz in Neustrelitz (Mecklenburg-Vorpommern) gibt Tipps, wie Menschen für ein freiwilliges Engagement gewonnen, gehalten und wiedergewonnen werden können. Die 2020 durch den Bund geschaffene Stiftung unterstützt Vereine und Initiativen ideell und finanziell. Special Olympics Deutschland (SOD) arbeitet eng mit der Stiftung zusammen. Das Gespräch anlässlich des Internationalen Tages des Ehrenamts am 5. Dezember führte Hartmut Augustin.
Special Olympics Deutschland:Herr Holze, Ihre Stiftung wirbt auf der Internetseite mit dem Satz: „Wir stärken Ehrenamt.“ Was können Interessierte von Ihnen erwarten?
Jan Holze: Unsere Stiftung unterbreitet Angebote für Engagierte in allen gesellschaftlichen Bereichen. Das schließt die Beratung, Vernetzung und auch finanzielle Förderung von Vereinen und Projekten ein. Wir wollen für alle Interessierten Brücken ins Ehrenamt bauen; aber auch den Austausch guter Beispiele zwischen Engagierten ermöglichen.
In der Öffentlichkeit entsteht oft der Eindruck, dass das Interesse an einem Ehrenamt nachlässt. Stimmt das?
Jan Holze: Das Interesse lässt nicht nach, aber es mangelt oft an guten Rahmenbedingungen. Etwa 60 Prozent der derzeit Nichtengagierten sind bereit, ein Ehrenamt zu übernehmen. Bei den 18- bis 26-Jährigen sind es sogar 80 Prozent. Hier fehlt es oft an der richtigen Ansprache, Transparenz und kreativen Einsatzmöglichkeiten.
Für Sportvereine ist es ganz besonders wichtig, Ehrenamtler zu finden…
Jan Holze: …in der Tat. Mir macht jedoch Sorgen, dass allein in den Jahren 2014-2019 der Sport eine Million Ehrenamtliche verloren hat. Beispielsweise schafft es der Sport bislang am wenigsten, Engagierte außerhalb der Vereine, die Lust auf ein Engagement haben, einzubinden. Wie gesagt, das Interesse ist groß, aber Vereine müssen kreativer bei der Suche nach Engagierten werden.
Kreativer?
Jan Holze: Die Kommunikation der Vereine bei der Suche nach Engagierten muss professioneller werden. Warum gibt es nicht Stellenanzeigen auf der Internetseite des Vereins? Die Transparenz zu steigern, was wird mit welcher Erwartungshaltung gesucht, kann helfen Interessierten Orientierung zu bieten. Viele wollen sich erst einmal nicht dauerhaft binden. Also braucht es Angebote für Kurzfrist-Engagements oder auch Schnupperangebote. Oder es werden erst einmal kleine Aufgaben bei der Organisation eines Turniers vergeben - mit der Hoffnung, dass die Leute später bereit sind, größere Aufgaben im Verein zu übernehmen.
Für Vereine ist es wichtig, die Ehrenamtler dann auch zu halten.
Jan Holze: Leider wird das viel zu wenig thematisiert. Engagierte wollen nicht nur ihre Aufgaben erfüllen. Sie möchten Spaß im Engagement haben. Gibt es im Verein einen ständigen Ansprechpartner, also einen ,Kümmerer’, der sich um die Sorgen und Nöte der Engagierten kümmert? Wichtig ist ebenfalls, für passende Qualifizierungen zu sorgen. Die DSEE hat hier viele Angebote parat. Es wäre doch gut, wenn es für das Ehrenamt Jahresgespräche gibt, in denen die zurückliegende Zeit ausgewertet und der Blick nach vorn gerichtet wird. Und nicht zu unterschätzen ist die Anerkennung und Würdigung. Bundesweit gibt es 700 Preise für Ehrenamtler. Das sollte im Verein der ,Kümmerer’ im Blick haben und entsprechende Vorschläge machen, übrigens auch für junge Menschen.
Im Laufe des Lebens ändern sich persönliche Rahmenbedingungen: Kinder kommen in die Schule, mitunter sind Eltern zu pflegen oder berufliche Dinge sortieren sich neu. Heißt, manchmal bleibt dann keine Zeit mehr für ein Ehrenamt.
Jan Holze: Das ist ganz normal. Dafür brauchen wir eine Kultur des Pausemachens für eine bestimmte Zeit. Das bedeutet, Vereine sollten in dieser Phase weiter Kontakt halten und in Verbindung bleiben. Vielleicht kommen die Leute später zurück, wenn es wieder besser in den Zeitplan passt. Deshalb ist es ganz wichtig, nicht beleidigt zu sein, wenn ein Ehrenamtler auch mal geht.
Ihre Stiftung bietet kostenlose YouTube-Kurse für die Öffentlichkeitsarbeit und ,Ideenschmieden’ an. Wofür ist das nötig?
Jan Holze: Die Wirkung von selbst produzierten Nachrichten aus dem Verein heraus ist nicht zu unterschätzen. Wir leben in einer Welt der Info-Flut. Um da Gehör zu finden, müssen Beiträge auf Internetseiten, in den Sozialen Medien oder auf YouTube professionell sein. Wir bieten diese Kurse für Einsteiger und Fortgeschrittene an. Bei den ,Ideenschmieden’ treffen sich Gleichgesinnte und tauschen sich aus. Am besten ist es, uns für mehr Informationen auf Instagram, Facebook, X und LinkedIn zu folgen und unseren monatlichen Newsletter zu abonnieren. Da erfährt man alles Wichtige.
Special Olympics Deutschland hat viele gute Erfahrungen gesammelt bei der Organisation von großen Veranstaltungen wie den Nationalen Spielen und den Special Olympics World Games 2023 in Berlin. Kann Ihre Stiftung dieses Potenzial nutzen?
Jan Holze: Wir sind seit langem im Austausch mit Special Olympics Deutschland. Wir blicken auf eine sehr gute Zusammenarbeit bei den World Games in Berlin zurück. Ganz sicher werden diese Erkenntnisse in unsere Strukturen einfließen. Eine gute Zusammenarbeit kann uns gegenseitig befruchten. Wir finden zum Beispiel den Tandem-Gedanken und Mentoring-Programme gut und werden uns weiter darüber austauschen. Außerdem können wir Sportvereine finanziell unterstützen, die Angebote für Menschen mit einer geistigen Beeinträchtigung unterbreiten; zum Beispiel über unser flexibles und unbürokratisches Mikroförderprogramm.
Infokasten: Deutsche Stiftung für Engagement und Ehrenamt
Die Deutsche Stiftung für Engagement und Ehrenamt (DSEE) ist die zentrale Anlaufstelle für Ehrenamtliche, Vereine und Organisationen in Deutschland. Sie unterstützt mit Beratung, Förderprogrammen und Weiterbildungsangeboten, um bürgerschaftliches Engagement und Ehrenamt nachhaltig zu stärken. Sie bietet vielfältige Förderprogramme; aber auch konkrete Angebote, um an mehr Know-how rund ums Ehrenamt zu kommen, digital und vor Ort. Weitere Informationen findet ihr auf www.d-s-e-e.de. Kontakt am besten über hallo(at)d-s-e-e.de aufnehmen.
Engagement und Ehrenamt bei Special Olympics Deutschland: