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09.11.2022

"Da bin ich so reingestolpert" Special Olympics World Games Berlin 2023 – Fachhelfende für das Gesundheitsprogramm gesucht

Berlin bekommt eine große Chance und die will die Stadt auch nutzen. Im Juni 2023 finden in der Hauptstadt die Special Olympics World Games (SOWG) statt, an denen 7.000 Sportlerinnen und Sportler mit geistiger Beeinträchtigung teilnehmen werden. Nach den Olympischen Spielen ist es die größte internationale Sportveranstaltung.

"Das Event bietet die Möglichkeit, nachhaltige inklusive Strukturen zu schaffen, die es allen ermöglichen, an der Gesellschaft teilzuhaben", sagte Katrin Koenen, Projektleiterin SOWG bei der Senatssportverwaltung, am Donnerstagabend zur Begrüßung beim Kaminabend in der Villa im Olympiapark. Ihre Verwaltung hatte Vertreterinnen und Vertreter von medizinischen und zahnmedizinischen Standesorganisationen, Berliner Universitäten, Berufs-, Fach - und Hochschulen eingeladen, um für eine ehrenamtliche Tätigkeit bei den World Games zu werben. Denn außer Sport und Spaß gibt es bei den Special Olympics auch das Gesundheitsprogramm "Healthy Athletes®". Dabei erhalten alle Sportlerinnen und Sportler an sieben Gesundheitsbereichen die Möglichkeit, sich untersuchen, testen und beraten zu lassen.

 

Wie wichtig dieses Angebot ist, erklärte Isabell Harbrecht, Managerin Healthy Athletes® SOWG 2023, anhand der Ergebnisse des Programms bei den Nationalen Spielen im Juni 2022 in Berlin. 62 Prozent der teilnehmenden Sportlerinnen und Sportler hätten Schuhe in der falschen Größe getragen und 43 Prozent erhielten eine Korrektionsbrille. Außerdem waren 28 Prozent adipös und 32 Prozent hatten Übergewicht. "Unser Programm kann die alltägliche Arbeit in den Praxen nicht ersetzen, aber wir können damit Barrieren verringern, Fachpersonal für die Belange von Menschen mit geistiger Beeinträchtigung sensibilisieren und weiterbilden", sagte sie.

 

Um das Programm bei den SOWG 2023 umzusetzen, werden täglich 400 Volunteers, davon 300 medizinische Spezialisten, gebraucht, so Harbrecht. Die ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer erhalten zertifizierte Schulungen und dabei Tipps zum Umgang mit den Sportlerinnen und Sportlern sowie eine fachliche Ausbildung. "Das ist eine gezielte Fortbildung, bei der Erfahrungen gesammelt werden können, um sie anschließend als Multiplikatoren in den Praxen und Fachbereichen einzusetzen", sagte die Gesundheitsmanagerin. 

 

Dr. Imke Kaschke, Direktorin Special Olympics Deutschland im Bereich Gesundheit, warb dann auch eindringlich per Videobotschaft bei den Anwesenden: "Seien Sie dabei!" Sie bemängelte, dass der Umgang mit Menschen mit geistiger Behinderung in der medizinischen Ausbildung größtenteils fehlt. Das Gesundheitsprogramm biete die Möglichkeit, das zu erlernen, gerade auch für Studierende und Auszubildende, sagte sie.  

 

Der Vizepräsident Special Olympics Deutschland, Prof. Dr. Manfred Wegner, ging dann noch einen Schritt weiter. Augenzwinkernd sagte er, dass er an dem Abend so viele wie möglich "infizieren" wolle, die noch nichts mit Special Olympics zu tun hätten. Er moderierte eine Paneldiskussion, die der Frage nachging: Wie können Volunteers für die World Games gewonnen werden? Und dabei gibt es mitunter Zufälle, wie bei Marion Giesecke. Die Orthopädin aus Merseburg sagte: "Da bin ich so reingestolpert." Vor Jahren habe sie sich in Sachsen-Anhalt Wettkämpfe von Menschen mit geistiger Beeinträchtigung angeschaut und sei beeindruckt gewesen von der Begeisterung der Athletinnen und Athleten sowie dem großen Engagement der Organisatoren. Und von da an habe sie sich für das Gesundheitsprogramm engagiert. Jetzt ist sie Special Olympics Deutschland Clinical Director Health Promotion und hat an mehreren nationalen und internationalen Spielen teilgenommen. Inzwischen konnte sie auch ihren Mann und ihre Tochter begeistern, die sich ebenfalls bei "Healthy Athletes" engagieren. "Das Programm ist nichts ohne die Helfer", hob Giesecke in der Diskussion hervor.

 

Der Gesundheitsbotschafter von Special Olympics Deutschland, Reynaldo Montoya, machte noch auf eine besondere Herausforderung für die ehrenamtliche Tätigkeit im nächsten Jahr in Berlin aufmerksam: "Wir brauchen Volunteers aus dem medizinischen Bereich, die auch noch Fremdsprachen beherrschen und mit den Sportlerinnen und Sportlern in leichter Sprache reden können", sagte er. 

 

An der Diskussion nahm auch der Arzt der deutschen Olympiamannschaft, Prof. Dr. Bernd Wolfarth, von der Berliner Charité teil. Moderator Wegner wollte von ihm wissen: "Wie können Sie sich bei den World Games einbringen?" Wolfarth sagte, dass der Umgang mit Menschen mit geistiger Beeinträchtigung stärker in die medizinische Ausbildung eingebracht werden sollte. Er erklärte, dass schon jetzt Studentinnen und Studenten in das Thema SOWG eingebunden seien. "60 Studierende werden die ganze Zeit bei den Spielen zur Verfügung stehen", sagte Wolfarth zu und prognostizierte, dass es bestimmt noch mehr sein würden. Er glaubt, dass die World Games das Thema Inklusion in der Gesellschaft voranbringen werden. Man könne zwar nicht erwarten, in den zehn Tagen im Juni 2023 die Welt zu ändern, aber die Spiele seien ein gutes Transportmittel für das Thema Inklusion, sagte Wolfarth.

 

Die Organisatoren der SOWG können sich ganz bestimmt auch auf die Hilfe von Gesundheitsstaatssekretär Dr. Thomas Götz verlassen. Er erklärte in seinem Grußwort, dass die Spiele in Berlin zum Anlass genommen werden, das "Große und Ganze" zu denken und nachhaltige, strukturelle inklusive Angebote geschaffen werden. Bei den Nationalen Spielen im Juni 2022 hat er sich das Programm "Healthy Athletes®" vor Ort schon einmal angesehen. Sein Urteil: "Das ist extremst beeindruckend."