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02.10.2024

Ehrenamt: Als Tandem in der Welt des Sport unterwegs - „Null Problemo“

Christian Pohler und Sandra Damm von Special Olympics Nordrhein-Westfalen helfen als inklusives Volunteer-Team bei internationalen Sportwettbewerben. Beide wünschen sich, dass ihr Beispiel Normalität wird.

Christian Pohler hat seine weißen Stoffhandschuhe von zu Hause mitgebracht und angezogen. Mit den Händen hebt er vorsichtig die Medaillen hoch und legt sie auf ein Samtkissen. Erst Gold, Silber und dann Bronze. „Die Bänder werden nach hinten gefaltet, damit die Medaillen den Gewinnern leicht um den Hals gelegt werden können. Das war mega“, sagt der 32-Jährige. Begeistert berichtet er von seinem ehrenamtlichen Einsatz bei den Invictus Games im September 2023 in Düsseldorf. Damals trafen sich zum ersten Mal in Deutschland rund 500 Soldatinnen und Soldaten aus aller Welt, die im Einsatz verletzt worden sind, zu einem freundschaftlichen Sportwettbewerb.

„Sandra hat immer geschaut, dass genug Medaillen da sind. Manchmal hat sie auch gesagt, Christian mach mal ein bisschen schneller“, erzählt er. Sandra Damm ist seine Partnerin in dem inklusiven Volunteer-Team. Bei den Invictus Games half das Tandem im Bereich Siegerehrungen. Mittlerweile haben sie gemeinsam mehrere internationale Sportveranstaltungen in Düsseldorf ehrenamtlich unterstützt.

Beide sind bei Special Olympics Nordrhein-Westfalen (SONRW) aktiv. Christian Pohler ist Sportler und im Athletenrat. Er hat das Down Syndrom. Bei den Special Olympics World Games im Sommer 2015 in Los Angeles holte er eine Silber- und eine Bronzemedaille im Rollerskating. Seitdem ist sein Spitzname „The Rocket“.

Im Winter ist er Snowboard gefahren, bis zu seinem Unfall. Inzwischen spielt er Golf und hat bei den Special Olympics Landesspielen in Münster in diesem Jahr mit seinem Unified-Partner Gold gewonnen. Er möchte gern 2026 an den Nationalen Spielen im Saarland teilnehmen. Außerdem gehört er zum Social-Media-Team von Toyota und war bereits mehrmals bei Wettbewerben von Special Olympics vor und hinter der Kamera im Einsatz.

Sandra Damm ist Familienbeauftragte von SONRW. Die 53-Jährige kennt seit 2019 die Mutter von Christian Pohler. „Der Kontakt hat sich so nach und nach entwickelt und irgendwann kam die Idee mit dem Tandem“, sagt sie.

Der Altersunterschied zu Christian sei kein Problem. Nein, als Mutti fühle sie sich auf keinen Fall. Auch wenn sie manchmal schon darauf achte, dass ihr Tandem-Partner ausreichend esse, trinke und sich genügend ausruhe. Ihr Verhältnis sei sehr freundschaftlich. Sie schätzt an Christian, dass er „offen,  herzlich und liebenswert“ ist.

Beide haben sich 2022 für die Invictus Games erstmals als Volunteer-Tandem beworben. „Wir waren überrascht, dass es sofort eine Zusage gab. Die Beeinträchtigung von Christian war gar kein Thema“, berichtet Sandra Damm.

Während der Spiele ging das dann so weiter. „Nach kurzer Zeit waren alle Volunteers ein eingespieltes Team. Christian wurde nicht als beeinträchtigt gesehen. Im Gegenteil, er ist so kontaktfreudig, besonders zu den Mädels, das hat sehr gut funktioniert“, sagt sie. Ihr Fazit: „Null Problemo“.

Und weil das alles so gut lief, hat sich das Tandem anschließend für das Eröffnungsspiel der Handball Europameisterschaft im Januar 2024 in Düsseldorf angemeldet. „Ich habe Handball immer gern im Fernsehen angeschaut. Jetzt wollte ich auch mal live dabei sein“, sagt Christian Pohler.

Auch hier lief die Bewerbung ohne Probleme. „Es gab eine Nachfrage bei der Mutter von Christian, ob er im Besucherservice mitarbeiten könnte. Und dann ging alles klar. Wir waren wieder am Start“, erklärt Sandra Damm. Diese Normalität und Akzeptanz einem Tandem von Menschen mit und ohne Beeinträchtigung gegenüber, das wünschen sich beide überall. Sie denken sehr gern an die Zusammentreffen mit den Fans bei der Handball Europameisterschaft zurück.

Doch damit nicht genug. Die beiden haben sich außerdem noch für die Spiele der Fußball Europameisterschaft in Düsseldorf beworben. Zum Auswahlprozess gehörten Interviews mit den Bewerberinnen und Bewerbern. Sandra Damm hat das in sehr guter Erinnerung. „Die waren begeistert von uns als Tandem. Wir wurden wieder im Besucherservice eingesetzt“, sagt sie. Doch dann wurde es problematisch.

Sandra Damm findet nicht gut, dass kaum  Rücksicht auf die Bedürfnisse von Christian genommen worden ist. „Die Schulungen vorher waren auf Englisch, das kann er nicht. Seine Mutter und andere mussten helfen. Und auch später war die Kommunikation oft auf Englisch. Das hat es ihm die Arbeit schwer gemacht“, bemängelt sie.

Dennoch, diese Herausforderungen haben die beiden nicht entmutigt. Christian Pohler schätzt besonders, dass seine Heimatstadt ein toller Gastgeber für die Fußballer gewesen ist. Und Sandra Damm macht schon Pläne, wie es als Tandem weitergehen soll: „Wir wollen uns wieder bewerben. Dieses Mal für das Leichtathletik Sportfest Indoor Istaf im Februar 2025 in Düsseldorf“, kündigt sie an.

Text: Hartmut Augustin

Wenn auch du dich als Volunteer bei Special Olympics Deutschland engagieren möchtest, ob als inklusives Team oder als Einzelperson, melde dich gerne bei uns. Hier findest du alle Informationen: Engagement & Ehrenamt.