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Zu sehen ist Christiane Krajewski. Sie hat blonde lange Haare und trägt eine Brille. Sie spricht in ein Mikrofon. Sie trägt eine weiße Bluse und einen türkisen Pullover

18.07.2024

Sommerinterview 2024: Christian Pohler trifft Christiane Krajewski

„Wir sind noch nicht am Ziel“

Seit 2014 führt Christiane Krajewski mit viel Leidenschaft und Motivation die größte inklusive Sportorganisation in Deutschland für Menschen mit geistiger und mehrfacher Beeinträchtigung. Im Sommerinterview mit Special Olympics Athlet und Redakteur Christian Pohler schaut die Präsidentin auf die letzten 10 Jahre, spricht vom Erreichen der größten Meilensteine in der Verbandsgeschichte und richtet ihren Blick in die Zukunft.

Liebe Christiane, seit 10 Jahren stehst Du an der Spitze von Special Olympics Deutschland. Wie bist Du Präsidentin geworden?

Mein Amtsvorgänger und heutiger SOD Ehrenpräsident Staatsminister a. D. Gernot Mittler hat mich gefragt, ob ich seine Nachfolge antreten wolle. Ich habe diese ehrenvolle Anfrage für mich geprüft, habe mit Sven Albrecht und Mitgliedern des damaligen Präsidiums gesprochen und mich im Ergebnis zur Wahl gestellt. Die SOD - Mitgliederversammlung hat mich im November 2014 zur Präsidentin gewählt.

Welche Aufgaben hast Du als Präsidentin?

Als ehrenamtlicher Präsidentin ist mir die Förderung der Selbstbestimmung und gesellschaftliche Teilhabe unserer Athletinnen und Athleten ganz besonders wichtig. Weiterhin mache ich mich stark für das WIR in unserem Verband durch gute Kooperation von SOD und den SO Landesverbänden. Ziel aller Beteiligten muss der Ausbau inklusiver Strukturen sein, um den Sport vor Ort für alle zu ermöglichen.

Gemeinsam mit unserem 1. Vizepräsidenten Andreas Silbersack, unserer Schatzmeisterin Bettina Schilling und dem Bundesgeschäftsführer Sven Albrecht vertrete ich SOD vor Gericht oder bei außergerichtlichen Streitfragen. Ich leite die Sitzungen des Vorstands und des Präsidiums. Unser sehr kompetentes Präsidium bestimmt die Vereinspolitik und verantwortet die Special Olympics Idee in Deutschland.

Wenn du zurückschaust, was hast Du erreicht in den letzten 10 Jahren? Was ist die größte Errungenschaft für Special Olympics?

Wir haben gemeinsam in den letzten 10 Jahren viel erreicht. Aus meiner Sicht sind die größten Meilensteine die immer stärker werdende demokratische Selbstvertretung der Athlet*innen, die Wahl von SOD als Spitzenverband im Deutschen Olympischen Sportbund (DOSB) im Jahr 2018, die Vorbereitung und Durchführung der Special Olympics World Games Berlin 2023 und die nachhaltige, in die Zukunft führende Idee #ZusammenInklusiv, Deutschlands größte Inklusionsbewegung.

Hast Du ein persönliches Highlight?

Lieber Christian Pohler, mein persönliches Highlight bist Du und all Deine Kolleg*innen/ Athlet*innen bei Special Olympics. Ihr seid das Herz unseres Verbands.

Im letzten Jahr waren die Weltspiele in Berlin. Für uns Athleten war das wichtig und hat sehr viel Spaß gemacht. Alle sind immer noch begeistert. Berlin 2023 ist jetzt genau ein Jahr her. Wo steht Special Olympics jetzt?

Wir freuen uns immer noch über die tolle Stimmung, die großen Erfolge und die nachhaltige Wirkung der Weltspiele Berlin2023. Wir freuen uns auch darüber, dass wir den Deutschen Nachhaltigkeitspreis Sport 2024 gewonnen haben. Wir sind auf einem guten Weg, aber die Strecke zur Inklusion im Sport vor Ort ist noch weit. Deshalb stärken wir weiter unsere Netzwerke in der Bundes-, Landes- und kommunalen Politik, im organisierten Sport, in den Medien und nicht zuletzt auch bei unseren Sponsoren.

Und wie soll es weitergehen? Wo siehst Du Special Olympics in den nächsten Jahren?

Wir gehen weiter auf dem beschriebenen Weg. Wir werben für Inklusion und die besonderen Belange der geistig beeinträchtigten Athletinnen und in der Bundesregierung, im Deutschen Bundestag und in den Fachministerkonferenzen (Anm. d. Red. Kultusministerkonferenz, Arbeits- und Sozialministerkonferenz, Gesundheitsminister-konferenz und Familienministerkonferenz). Auch die im Strategieplan verankerten messbaren Ziele, zum Beispiel dass 16 Prozent der Athletinnen und Athleten im organisierten Sport und hier in den Sportvereinen registriert sind, behalten wir fest im Blick.

Was ist vielleicht noch nicht gelungen?

Wir sind noch nicht am Ziel. Auch haben wir Sorgen, dass Gegner der Inklusion aus dem rechtsextremen politischen Lager mehr Zulauf bekommen. Wir stellen uns ausdrücklich gegen Diskriminierung und Ausgrenzung.

Wie kannst Du die Athleten in der Zukunft unterstützen? Wie können wir gemeinsam die Ziele erreichen?

Mein persönliches Anliegen ist, die gute Entwicklung der letzten Jahre noch weiterzuführen und die Athletinnen und Athleten zu unterstützen. Meine Leidenschaft für Inklusion und Special Olympics möchte ich gerne in einer weiteren Amtszeit als Präsidentin einbringen.

Mit meinen Vorstandskolleg*innen Andreas Silbersack und Bettina Schilling werde ich auf der Mitgliederversammlung von SOD im November 2024 erneut kandidieren. Wir möchten weiter mit Sven Albrecht und dem gesamten Präsidium, mit den SO Landesverbänden, mit der gewachsenen, großen SOD – Familie, unseren vielen engagierten Ehrenamtlichen und unserem großen Netzwerk an den Zielen arbeiten. Die Athlet*innen und unsere Verbandsjugend werden in diesem Prozess eine immer stärkere Rolle wahrnehmen.

Gerade lief die Fußball-EM in Deutschland. Wo war die Stimmung besser, während der Weltspiele oder jetzt zur EURO?

Bei beiden Sportgroßereignissen war die Stimmung super! Bei den Special Olympics World Games in Berlin 2023 hatten wir die Welt mit mehr als 175 Nationen zu Gast. Unser TEAM SOD konnte sich optimal einbringen. Es waren die bisher besten Weltspiele in der über 60 – jährigen Geschichte von Special Olympics International.

Bei der Fußball EM EURO 2024 konnte das deutsche Team zwar nicht Europameister werden, aber dennoch blieb die Stimmung fantastisch und der Sportpatriotismus zeigte sich von seiner besten Seite.

Und noch eine persönliche Frage:  Spielst du Golf?

Ich spiele kein Golf, schaue aber gerne zu. Sportlich konzentriere ich mich auf fast tägliches Fahrradfahren und häufiges Wandern und Walken. So versuche ich weiter fit zu bleiben.

Liebe Christiane, vielen Dank für das Gespräch.

Großes Foto: Christiane Krajewski beim Sponsoringempfang während der Nationalen Spiele in Thüringen 2024. Foto: SOD / Sarah Rauch