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12.06.2023

Special Olympics World Games 2023: Berlin, Berlin, wir kommen nach Berlin

Maximilian Zabel und Max Sebastian vom Verein Turbine Halle fahren gemeinsam mit ihrem Trainer zu den Weltspielen in die Hauptstadt. Die drei freuen sich nicht nur auf die Rollerkating-Wettbewerbe.

Leise surren die Rollen der Inlineskates über den Asphalt der neuen  Trainingsbahn mitten in einem Wohngebiet im Süden der Stadt Halle (Saale). Runde um Runde drehen die Rollerskater Max Sebastian (32) und Maximilian Zabel (24) unter den Augen ihres Trainers Ralf Sebastian (54). Manchmal schauen Anwohner von den Balkons der benachbarten Häuser zu. Es sind die letzten Trainingseinheiten zu Hause, bevor es gemeinsam zu den Special Olympics World Games nach Berlin geht.

Alle drei freuen sich schon auf das Event. Vor einem Jahr waren sie gemeinsam bei den Special Olympics Nationale Spiele in Berlin. „Das war ganz toll und ein Abenteuer“, sagt Ralf Sebastian und sein autistischer Sohn Max nickt und lacht. Die drei haben sich ein Zimmer geteilt, gemeinsam trainiert, gegessen und Berlin erkundet. Maximilian erinnert sich auch sehr gern an diese Zeit. „Ich finde alles in Berlin schön“, sagt er.

Das Team aus Sachsen-Anhalt hatte aber nicht nur viel Spaß in der Hauptstadt, sondern war ebenfalls sehr erfolgreich. Maximilian gewann über 500 Meter, 1000 Meter und in der Staffel jeweils Gold. Max holte über 100 Meter und 300 Meter jeweils eine Bronzemedaille. Und damit ist das Ziel für die World Games 2023 ganz klar.

„Ich will Gold gewinnen“, sagt Maximilian selbstbewusst und lacht. „Ich habe viel trainiert und mich verbessert“, ergänzt er und schaut fragend seinen Trainer an. Der wiegt den Kopf etwas hin und her und sagt dann nur: „Die Zeiten sind gut, du hast eine Chance, dein Ziel zu erreichen. Aber, du musst dich anstrengen.“ Maximilian nickt. Ralf Sebastian erinnert seine Schützlinge hin und wieder schon mal daran, dass es ohne Fleiß keinen Preis gibt. „Der Sport und der Erfolg tut beiden sehr gut. Sie sind gelöster und fühlen sich wohl dabei“, sagt der Trainer.

Die Erfolgsgeschichte aus Sachsen-Anhalt begann vor 15 Jahren und war von manchem Zufall begleitet. „Wir waren auf der Suche nach einer Sportart, die wir gemeinsam machen können“, erinnert sich Ralf Sebastian. Mit seinem Sohn Max hat er in der Freizeitgruppe von Turbine Halle angefangen. Dann fiel irgendwann der Übungsleiter aus und Ralf Sebastian sprang ein. Seit 2019 ist er Haupttrainer für die Sportler mit einer geistigen Beeinträchtigung und außerdem im Vorstand des Vereins.

Maximilian war ebenfalls auf der Suche nach einem Sportverein. Doch das dauerte. Bei Turbine Halle wurde er schließlich fündig. „Die anderen wollten mich nicht“, sagt er leise. Inzwischen hat er so viele Medaillen bei Wettkämpfen errungen, dass sie nicht mehr genug Platz an der Wand seines Zimmers haben. Er sammelt sie jetzt in einem Karton.

Noch immer ist es keine Selbstverständlichkeit, dass Menschen mit einer geistigen Beeinträchtigung in einem Verein Sport treiben können. Das Projekt #ZusammenInklusiv von Special Olympics Deutschland hat sich vorgenommen, in Vorbereitung auf die World Games in Berlin das nachhaltig zu ändern. Im März wurde die Zielzahl von 100 Sportvereinen, in denen Behinderte nun trainieren können, erreicht. Mehr als 500 Athletinnen und Athleten konnten in Vereine vermittelt werden und 900 Übungsleiterinnen und Übungsleiter erhielten eine spezielle Schulung.

Beim Verein Turbine Halle kam mit dem Erfolg dann der Durchbruch. „Maximilian holte bei den Special Olympics World Games 2015 in Los Angeles eine Medaille. Und damit stieg im Verein die Bekanntheit und das Wissen über unseren Sport“, erinnert sich Ralf Sebastian. Heute hätten seine Schützlinge die gleichen guten Trainingsbedingungen wie die Sportlerinnen und Sportler ohne Beeinträchtigung.

In den letzten Übungseinheiten vor der Abreise nach Berlin bereitet der Trainer seine Schützlinge auf die Besonderheiten der Wettkämpfe bei den World Games vor. „Dort wird in der Halle gelaufen. Alles ist enger, vor allem in den Kurven. Deshalb trainieren wir nun gezielt entsprechende Bewegungen und Schritte“, sagt er. Außerdem werde er andere Rollen als für den Asphalt an die Skates montieren. Denn der Belag in der Halle sei sehr glatt. „Es ist ein großer Vorteil, dass wir in Berlin schon vor einem Jahr unsere Erfahrung sammeln konnten“, so der Trainer. Nach der Ankunft in der Hauptstadt wird weiter trainiert, bevor am 20., 21. und 24. Juni um  Medaillen gelaufen wird.

Alle drei freuen sich darauf, viele Bekannte aus dem In- und Ausland wieder zu treffen. „Die Skater sind eine große Truppe. Wir kennen uns lange. Und obwohl wir in den Wettkämpfen Konkurrenten sind, gibt es kein Konkurrenzverhalten“, sagt Trainer Ralf Sebastian. Die eigenen Skater-Geheimnisse würden mit den anderen geteilt.

„Alle sollen Spaß haben. Wir sind eine große Gemeinschaft“, ergänzt er. Max und Maximilian stimmen mit einem Lächeln und einem Nicken zu. In ihren Augen ist die Vorfreude auf Berlin ganz deutlich zu sehen. (Text: Hartmut Augustin)

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